Sowohl Zotero als auch Mendeley wollen mehr als nur eine einfache Literaturverwaltung sein und erkennen an, dass Nutzer heute mobiler sind und auf ihre bibliografischen Daten von so ziemlich überall zugreifen wollen.

Zotero

Zotero verfolgt hier ein recht einfaches Konzept, die Daten vom eigenen Zotero-Konto werden ins Web gespiegelt, lassen sich dort anzeigen, ändern, organisieren. Vielleicht nicht ganz so bequem, wie im Dektop Client selbst, aber ganz anständig. Dateianhänge finden sich dort ebenfalls wieder, sofern man genügend Speicherplatz hat.

Kostenlos gibt es für diese Funktion nämlich nur 100MB, wer mehr will und braucht, soll dafür zahlen. 1GB kostet US$ 20 pro Jahr, 5GB kosten US$ 60 pro Jahr und im Ende landen Deine Daten dann auf einem Amazon Server, der den Speicherplatz anbietet. Das sollte einem jedoch nicht abschrecken, denn Zotero ist nicht nur kostenlosen, OpenSource, sondern auch werbefrei und Speicherplatz kostet halt Geld.

Neben dem Spiegeln der Daten bietet Zotero auch Gruppen an, die das gemeinschaftliche Arbeiten über Instituts- und Landesgrenzen hinweg unterstützen sollen. Die Idee hinter Gruppen ist es, dass sich diese im eigenen Zotero einnisten und die dort abgelegten Referenzen allen Nutzern gleichzeitig zur Verfügung stehen und sich von allen Nutzern bearbeiten lassen.

Ein Blick in die Zotero Suche nach Gruppen liefert kein sonderlich vielversprechendes Bild, was aber sicher daran liegt, dass die Mehrzahl der Gruppen wohl Privat sind und somit nur den „eingeweihten“ zur Verfügung stehen. Wenn ich etwas gelernt habe, dann ist es, dass Wissenschaftler nicht wirklich gerne ihre Informationen teilen, dass Zotero Gruppen jedoch eingesetzt werden, ist ohne Frage der Fall.

Die Bewertung der Funktion möchte ich anderen überlassen – das was Zotero bietet ist durchaus beachtenswert.

Mendeley

Während Zotero sich ans Spiegeln der eigenen Bibliothek macht und mit Gruppen ein wenig Gruppenarbeit ermöglicht, so setzt Mendeley sein gesamtes Geld auf diese Karte. Der Mendeley Client für den Mac scheint nur das Lockmittel zu sein, um ein möglichst gutes Crowd-Sourcing und Soziales Netz zu unterstüzten.

Auch Mendeley spiegelt die eigene Bibliothek im Netz, erlaubt es Einträge einzusehen, zu verändern, zu organisieren und fast schon selbstverständlich ermöglicht Mendeley es PDF Dateien einzusehen. Hier ähneln sich Zotero und Mendeley mal wieder, wie ein Ei dem anderen, wobei man sich nicht so ganz sicher ist, wer von wem abgeschaut hat.

Auf jeden Fall bekommt man bei Mendeley mit 1GB an Speicherplatz einfach mehr. Jedoch sollte man erwähnen, dass der Speicherplatz bei Mendeley immer gesplittet wird 500 MB sind für die eigene Bibliothek, 500MB sind für mögliche Gruppen-Bibliotheken. Der kostenlose Account ermöglicht bis zu 5 Gruppen-Bibliotheken mit maximal 10 Nutzern pro Gruppe, für €4,99 pro Monat bekommt man 7GB (3.5GB/3.5GB) Speicherplatz, 10 Gruppen mit bis zu 15 Nutzern, für €9,99 werden es dann 15GB (7.5GB/7.5GB) Speicherplatz, 25 Gruppen mit bis zu 20 Nutzern…

Aber Mendeley möchte ich nicht unfair gegenüber stehen, denn Mendeley macht im Web einfach viel mehr, als nur die eigene Bibliothek zu spiegeln. Mittels Crowd-Sourcing hat man eine beeindruckend große Datenbank an bibliografischen Daten zu Zeitschriftenaufsäzten (etc) aus der ganzen Welt aufgebaut.

Dieser Katalog läst sich über den Papers Tab durchsuchen. Bis vor geraumer Zeit war eines der größten Probleme dieses Katalogs die hohe Anzahl an Duplikaten und obwohl sich dies sehr gebessert hat, ist dieses Problem noch nicht ganz aus der Welt geschafft. Auch darf man nicht vergessen, dass die dort gelisteten Artikel nicht alle speziell ausgewählt wurde und so wird es noch sehr lange dauern, bis Mendeley eine Fachbibliografie ersetzen kann, wenn dies denn überhaupt je der Fall sein wird. Jetzt schon interessant, Open Access Artikel werden als solche markiert und die dazugehörigen PDFs als Download angeboten.

Mendeley bietet neben den reinen Suchergebnissen noch ein paar andere Informationen, z.B. die Anzahl der Personen, die den selben Artikel in der eigenen Datenbank listen. Dies soll ganz klar als „Recommender System“ agieren, und so einem Artikel mehr Gewicht verleihen. Leider findet man selten große „Reader“ zahlen, womit man an das größte Problem des Sozialen Netzes kommt, dem Problem „Critical Mass“ und „Participation“.

Die Idee der Reader-Zahl ist es natürlich mit anderen Messzahlen zu konkurrieren, aber ein solches System braucht Zeit, aktive Nutzung und vor allem viele Nutzer, die nichts dagegen haben, dass Ihre Bibliothek auf solche Art und Weise analysiert wird.

Zum Vergleich:

Der Artikel:

Talkner, P., Lutz, E. & Hanggi, P., 2007. Fluctuation theorems: work is not an observable. Physical Review E – Statistical, Nonlinear and Soft Matter Physics, 75(5 Pt 1), p.050102. Available at: http://arxiv.org/abs/cond-mat/0703189.

hat eine Reader-Liste von 14, wurde jedoch laut Google Scholar mindestens 84 mal zitiert. Auf das Web of Science habe ich leider keinen Zugriff, um eine „gewichtigere Zahl“ zu nennen, aber ich denke das soll schon reichen. Der Artikel ist sicherlich nicht ganz unwichtig.

Die beiden Zahlen lassen sich nicht direkt vergleichen, sie stehen in keiner bekannten Korrelation zu einander. Während die „Cited By“ Zahlen durch die Arbeit von Eugene Garfield und seinem Science Citation Index zu einer Größe wurde, die für viele Wissenschaftler eine gewisse Bedeutung hat, sind die Reader-Zahlen im Moment noch fast vollständig bedeutungslos, obwohl sie ein ausserordentlich großes Potential aufweisen.

Gruppen haben das selbe Ziel, wie schon bei Zotero, scheinen sich jedoch auf den ersten Blick ein wenig mehr Beliebtheit zu erfreuen und vor allem sind sie schön einsehbar. Sowohl die Mitglieder, als auch die Artikel und so versteht Mendeley nicht nur den Wert von Crowd Sourcing, sondern auch den Wert von Kuration und diese wird um so wertvoller, um so mehr man über die Kuratoren weiß. (Hier ein Beispiel einer solchen Gruppe)

Aus diesem Grund bietet Mendeley auch Profile für Wissenschaftler an, die man selbstverständlich durchsuchen kann und zur Verknüpfung im Sozialen Netz nutzt. Ob wir noch ein Facebook brauchen ist natürlich zweifelhaft, aber diese Art der Verknüpfung von Wissenschaftler ist vor allem für junge Wissenschaftler, die sich noch einen Namen machen müssen, sehr wertvoll. (Hier ein Profil eines Wissenschaftlers aus Lausanne – das rein zufällig gewählt wurde).

Interessant ist, dass auch in den Profilen „Reader“-Auswertungen vorgenommen werden. Den folgenden Screenshot habe ich dem Profil von Prof. Klaus P. Ebmeier von der Universtät Oxford entnommen (Link zum Profil bei Mendeley). Während ich gerade eben die Reader-Zahlen als fast vollständig bedeutungslos abgetan habe, muss man hier zugeben, dass diese hier ihr interessantes Potential deutlich zeigen. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass der kontinuierliche Anstieg sicher auch etwas damit zu tun hat, dass sich die potentielle Nutzermasse von Mendeley kontinuierlich vergrößert und noch ein Reifeprozess abgewartet werden muss.

Wenn man von den Web-Initiativen von Mendeley einmal absieht, kann man natürlich auch berichten, dass die Entwickler bei Mendeley eine iPhone & iPad App realisiert haben, die ich mir jedoch schon seit geraumer Zeit nicht mehr angeschaut habe und mir so jegliches Urteil verkneife.

[appext 380669300]

Fazit

Das Fazit zu dieser Kategorie fällt schwer:

Zotero spiegelt seine Funktionalität im Web und nutzt das Web als Infrastruktur um den eigenen Nutzern eine gute Zusammenarbeit zu ermöglichen – das Konzept scheint stimmig, wenn auch wenig ambitioniert und ich erlaube mir offen zu fragen, ob eine reine web-basierte Lösung, à la RefWorks, EndNote Web oder WizFolio nicht zukunftsweisender wäre (wobei ein Sync mit dem Citation Plugin natürlich sehr wertvoll wäre).

Mendeley setzt auf eine andere Karte – soziale Interaktion, Crowd-Sourcing & mehr stehen bei dieser Firma offensichtlich ganz weit oben auf der Liste und so einiges von dem, was hier präsentiert wird, gefällt ausserordentlich gut, auch wenn das System noch in den ganz frühen Kinderschuhen steckt. Die hier demonstrierten Konzepte scheinen schon jetzt durchdacht und nützlich, zu mindestens für Wissenschaftler. Ich denke nicht, dass Student X einen wirklich großen Mehrwert aus diesen Funktionen ziehen wird, wenn er an seiner Master-Abschlussarbeit sitzt…


Claus Wolf

Seit 1994 im Netz unterwegs und seit 2004 eingefleischter Mac-Nutzer.

1 Kommentar

Anonymous · 1. November 2011 um 05:44

Kurze Anmerkung auch zu den Preisen – Zotero lässt sich mit beliebig großen Datenbanken umsonst synchronisieren, wenn man die Datei-Anhänge nicht auf allen Computern braucht – das bezahlte Zotero Storage und das dazugehörige Datenvolumen bezieht sich nur auf die Dateianhänge. Diese lassen sich auch – mit etwas verminderter Funktionalität, über WebDav Server synchronisieren, die oft deutlich günstiger sind als Zotero Storage.
Für ganz hartgesottene steht natürlich auch der Quellcode der Zotero Server Installation im Netz, so dass z.B. eine Uni oder ein größeres Institut sich das auch lokal installieren könnten – das bedarf allerdings erheblicher technischer Fähigkeiten.

Mir persönlich ist der Umgang von Mendeley mit Benutzerdaten sehr suspekt und ich bin ganz dankbar dafür, dass sich Zotero nicht ungefragt an den von seinen Nutzern gesammelten Daten bedient.

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